Heft 3 / 2014: "offenes Heft"

Jutta Schmitz

Abstracts

Erwerbstätigkeit im Rentenalter – Deutschland und Österreich im Vergleich

Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wird dargestellt, wie sich die Erwerbstätigkeit im Rentenalter in Deutschland und Österreich im Verlauf der letzten Dekade entwickelt hat und welche Bestände derzeit zu konstatieren sind. Dabei soll die Frage beantwortet werden, ob bzw. inwiefern das Phänomen als Problem zu bewerten ist. Hierzu werden die Erwerbstätigkeit im Rentenalter vor dem Hintergrund des gerontologischen und rentenrechtlichen Forschungsstandes verortet, die relevanten Hinzuverdienstregelungen skizziert, das Phänomen empirisch auf Basis des European Labour Force Survey umrissen, und (potenzielle) Motive sowie Einflussfaktoren benannt. Abschließend wird plausibilisiert, wie sich die derzeitige Entwicklung bewerten lässt und welche mit der Zunahme der Erwerbstätigkeit im Rentenalter verbundenen sozialpolitischen Herausforderungen in Zukunft zu bewältigen sein werden.

Work Past Retirement Age – Germany and Austria by Comparison

The article focuses on paid work beyond retirement age in Germany and Austria. The central question is, if the increasing growth of paid work beyond retirement age has to be rated as a problem. To respond to that question, the most important reforms of the pension systems in Austria and Germany are outlined and the arrangements that shape the additional income whilst receiving a pension are illustrated. Thereafter, empirical relevance of the phenomena is shown by drafting the distribution of working retirees on the basis of the European Labour Force Survey. Afterwards, the (potential) motives and influencing factors are shown. In a final conclusion the central findings are evaluated, especially in matters of future socio-political challenges that result from paid work beyond retirement age in Germany and Austria.

Bettina Leibetseder / Heinz Leitgöb

Abstracts

Fördern und Fordern in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Empirische Befunde aus Oberösterreich und der Steiermark

Eine der Zielsetzungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist die verstärkte Re-Integration der Bezieher/innen in den Arbeitsmarkt. Welche Formen der Intervention im Alltag von den Mindestsicherungsbehörden, den früheren Sozialhilfebehörden, gesetzt werden und wie sich diese auf die Arbeitssuche der Betroffenen auswirken, wird in diesem Beitrag mit Hilfe von Ergebnissen einer standardisierten Face-to-Face-Befragung von Antragsteller/innen und  Bezieher/innen dargestellt. In Oberösterreich sind die Befragten einem verstärkten Druck ausgesetzt, erfahren aber auch mehr Unterstützung. In beiden Bundesländern existieren große Binnenunterschiede zwischen den Bezirken. Die Bezieher/innen erfahren insgesamt wenig Unterstützung. Explorative Pfadmodelle schätzen die Effekte von individuellen wie behördlichen Faktoren auf eine tatsächliche Arbeitssuche in den letzten vier Wochen. Höheres Alter und schlechtere Gesundheit reduzieren die tatsächliche Arbeitssuche und die Verpflichtung zur Arbeitssuche durch die Mindestsicherungsbehörde. Beziehende, die länger als ein Jahr eine Leistung beziehen oder arbeitslos sind, werden eher zur Arbeitssuche durch die Behörde verpflichtet. Insgesamt suchen Betroffene, die von der Behörde zur Arbeitssuche aufgefordert werden, eher einen Job, während ein verstärkter Druck einen marginalen und die gegenwärtige Form der  Unterstützung keinen Effekt auf die Arbeitssuche aufweist.

Help and Responsibility in the Means-Tested Guaranteed Minimum Income. Empirical Findings in Upper Austria and Styria

The means-tested guaranteed minimum income, a new social assistance scheme, aims to strengthen the recipients’ re-integration into the labour market. In this article, face-to-face interviews with recipients and claimants identify forms of daily intervention set by street-level workers. In Upper Austria, the respondents face more responsibilities and help than in Styria. In both provinces, there exists a wide discrepancy in treatment, and respondents experience less help overall. Explorative path models estimate the effect of individual and administrative factors on job-search activity within the last four weeks. Older age of some  respondents and poor health have an effect on job-search activity and the administrative requirement to search for a job. Respondents that obtain a benefit for more than a year are more likely to be obliged to seek employment. Administrative requirements to search for employment affect actual job search strongly,  whereas more responsibility shows marginal effects; assistance actually provided, however, indicates no effect. 

Roland Teitzer

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Immer häufiger einfach und mehrfach atypisch beschäftigt? Wirtschaftskrise und Arbeitsmarktflexibilisierung in Österreich

Der vorliegende Beitrag fragt, inwieweit es im Verlauf der Wirtschaftskrise in den letzten Jahren zu einer Verschiebung in den Risiken verschiedener ArbeitnehmerInnengruppen kam, in einfacher, aber auch mehrfacher atypischer Beschäftigung (z. B. Teilzeit ohne Fixanstellung) zu arbeiten. Methodisch wird über bisherige Arbeiten zu Österreich hinausgegangen, indem einzelne Merkmale Beschäftigter nicht nur isoliert betrachtet, sondern mittels logistischer Regressionsmodelle simultan in die Analysen einbezogen werden. Im Ergebnis zeigt sich, dass immer mehr Menschen, vor allem in Zeiten der Krise, von einfacher, aber auch mehrfacher atypischer Beschäftigung zugleich betroffen sind. Junge Beschäftigte und Personen im öffentlichen Dienst sind dabei häufig befristet beschäftigt. Doch auch HilfsarbeiterInnen und Personen mit Migrationshintergrund müssen immer häufiger in atypischer Beschäftigung – und hier vor allem in Leiharbeit – arbeiten. Angehörige qualifizierter und höherer Berufsklassen haben hingegen – mit Ausnahme von Werkvertragstätigkeit – durchwegs niedrigere Risiken, atypisch beschäftigt zu sein.

Growing Common and Multiple Non-Standard Employment? Economic Crisis and Labour Market Flexibilization in Austria

This article deals with the question, whether the Austrian labour market underwent a shift in risks for special groups of workers when it comes to single and multiple non-standard employment (e.g., temporary part-time work) in times of economic crisis. Methodically, the article is innovative for Austria insofar, as logistic regression models are applied that do not only look on isolatet characteristics of workers, but integrate them simultaneously into a regression model. Findings suggest that especially in times of economic crisis, more and more people work in common, but also multiple types on non-standard employment. Especially  young workers and employees in the public sector are often temporary employed. But also unskilled workers and workers not born in Austria are facing increasing risks of having to work in non-standard employment – and here particularly temporary agency work. On the contrary, members of qualified and upper service classes – with the exception of contract work – show only lower risks of being non-standard employed.

Andrea Brait

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1989: Ein Epochenjahr auch für Österreich

Obwohl Österreich als neutrales Land zwischen den Blöcken stand, veränderten sich auch hier viele Rahmenbedingungen infolge der Umbrüche des Jahres  1989. Die starke Ausrichtung der österreichischen Außenpolitik nach »Mitteleuropa«, wie sie Ende der 1980er-Jahre sowie unmittelbar nach 1989 verfolgt wurde, wurde rasch in Richtung Westen (EU) gedreht. Dennoch zeigen die Ergebnisse einer österreichweit repräsentativen Meinungsumfrage, dass von der
Bevölkerung nicht nur eine Intensivierung der Kontakte zu den mittelosteuropäischen Nachbarstaaten Slowakei, Tschechien, Ungarn und Slowenien in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht befürwortet wird, sondern dass »Mitteleuropa« auch gelebt wird. Hemmend für alle Formen des Austausches wirkt jedoch die Sprachbarriere: Das Erlernen der jeweils anderen Sprache wird zwar befürwortet, jedoch in Österreich bislang kaum umgesetzt.

1989: An Epochal Year also for Austria

Although Austria used to be a neutral country located between two blocs, the upheavals of  1989 also resulted in a number of changes in this respect. Austria’s foreign policy, which was strongly aligned with »Central Europe« throughout the late 1980s and directly after 1989, quickly turned more towards the West (EU). Nevertheless, results of an Austrian-wide representative opinion poll show that the population is not only in favour of intensifying contacts with the Middle-Eastern
European neighbour states of Slovakia, the Czech Republic, Hungary and Slovenia in an economic and cultural sense, but they also want to see the concept of »Central Europe« being brought to life. However, language barriers create an obstacle for all forms of exchange. The people are in favour of learning other languages, but this has hardly been implemented in Austria at all up until now.

Anita Buchegger-Traxler

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Der Einfluss der Ausbildung auf Zufriedenheit und Berufsverbleib in der Altenarbeit in Oberösterreich

Ergebnisse einer an der Johannes Kepler Universität Linz im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich durchgeführten Studie zur Passung der schulisch-theoretischen Ausbildung mit den beruflichen Anforderungen in der Altenarbeit zeigen: Bereits eine positive Wahrnehmung und Beurteilung der Basisausbildung steigert die Arbeitszufriedenheit. Gutes theoretisches Wissen und die gelungene Umsetzung in die Praxis produzieren Ressourcen, die das oft unvermeidbare
Spannungsverhältnis im Beruf gut bewältigen lassen.

The Impact of Training on Job Satisfaction and on Job Continuation for Care of the Elderly in Upper Austria

A survey dealing with the issue of theory-practice-transfer and the fulfillment of job-related requirements shows interesting results. A positive assessment of the training increases job satisfaction. Good theoretical framework and a successful transfer into practice form a solid basis for coping with day to day tasks. The survey was carried out by Johannes Kepler University on behalf of the Chamber of Labour in Upper Austria.